Kontrollierte Wasserdampfdiffusion

Wie Wände und Dächer trocken bleiben

Um Tauwasserbildung infolge Wasserdampfdiffusion in Konstruktionen auszuschließen oder so zu begrenzen, dass Bauteile nicht geschädigt werden, müssen die Bauteilschichten hinsichtlich ihrer Wasserdampfdurchlässigkeit aufeinander abgestimmt werden.

Dieses ist nicht mit den Maßnahmen zu verwechseln, die verhindern, dass Wasserdampf per Luftströmung (Dampf-Konvektion) in Bauteilschichten gelangt.

Die durch Wasserdampfdiffusion verursachte Tauwasserbildung wird maßgeblich vom Wasserdampfteildruck beeinflusst.
Tauwasserfreie Wände und Dächer etc. können nur realisiert werden, wenn diese so konstruiert sind, dass in ihren Bauteilschichten der Wasserdampfteildruck nicht die Sättigungsgrenze (Wasserdampfsättigungsdruck) überschreitet.

Ob an einer Stelle Tauwasser tatsächlich ausfällt, hängt zum einen davon ab, wie groß der Diffusionsstrom von innen bis zu dieser Grenzschicht ist. Andererseits muss berücksichtigt werden, wie viel unter den gegebenen Klima-Bedingungen von der potentiellen Tauwasserebene nach außen weg diffundieren kann. Sind beide Diffusionsströme gleich groß, so fällt kein Tauwasser (Kondenswasser) aus.

Folgende Grafiken zeigen eine problematische und eine optimale Konstruktion. Tauwasser entsteht dort, wo mehr Wasserdampf von innen eindringt, als nach außen (kalte Umgebung) entweichen kann.

Je kleiner der Sd-Wert eines Bauteils, je leichter kann Wasserdampf hindurch diffundieren.

In der Wand entsteht Tauwasser

Von der Innenseite eindringender Wasserdampf kondensiert, da er nicht ausreichend nach außen diffundieren kann. Grund: Ein hoher Sd-Wert der äußeren Baustoffschicht und ein zu geringer Sd-Wert der inneren Schicht.

Wand ohne Tauwasser

Aufgrund der diffusionsoffenen Beplankung außen, kann der in geringen Mengen von innen eindringende Wasserdampf gut nach außen entweichen. Somit ensteht in der Konstruktion kein Tauwasser (Kondenswasser).



Für die Realisierung tauwasserfreier Konstruktionen muss berücksichtigt werden, dass der Wasserdampfteildruck bei vollgedämmten Aufbauten innenseitig 10–14 mal größer sein kann als außenseitig. Für die praktische Umsetzung bedeutet dies, der Sd-Wert der innenseitigen Schicht muss 10–14 mal höher sein als der außenseitige Diffusionssperrwert.

Vorteile durch Eigendämmung

Wenn die äußere Bekleidung eine gewisse Eigendämmung aufweist (z.B. durch Holzfaserdämmplatten), erhöht sich die Temperatur an der tauwassergefährdeten Stelle. Hierdurch wird der Diffusionsstrom nach außen in einem solchem Maße verstärkt (Faktor 2–4), dass die innenseitigen Schichten nur noch um den Faktor 5–7 dampfdichter ausgeführt werden müssen um Tauwasserfreiheit zu gewährleisten.

Diffusionsoffene Bauweise

Aufgrund ihrer Vorteile wird die diffusionsoffene Bauweise zunehmend im modernen Holzrahmenbau umgesetzt.

Im Vergleich zu einer beidseitig relativ dampfdichten Konstruktion (z.B. innenseitig Dampfsperrfolie und außenseitig OSB-Platten), ermöglicht eine (nach außen) diffusionsoffene Konstruktion im Falle einer Feuchtebelastung eine deutlich bessere Trocknung. Dieses ist wichtig, da immer mit einer „außerplanmäßigen“ Feuchtebelastung gerechnet werden muss. Zum Beispiel:

  • Einbaufeuchtigkeit (Feuchte der Hölzer, feucht eingebrachte Dämmstoffe, Putzschichten, Regenfeuchte während der Bauphase etc.)
  • Eindringender Schlagregen oder Flugschnee, z.B. durch Undichtigkeiten in der Wetterschutzschicht, Alterungsprozesse etc.
  • Wasserdampf, der durch undichte oder beschädigte Dampfsperren mittels Luftströmung in die Konstruktion eindringt und dort kondensiert.

Die Diffusionsberechnung nach Glaser erfasst all diese „außerplanmäßigen Befeuchtungen“ NICHT, sondern nur die Wanderung des gasförmigen Wassers. Andererseits kann das Wasser, das auf flüssigem Wege eingedrungen ist, meist nur über Verdunstung wieder nach außen gelangen. Hierfür ist die Analyse der Diffusionsvorgänge (auf Basis von Glaser) nach wie vor wichtig.

Hinweis: Je nach Baustoff wird Wasser außerdem in flüssiger Form kapillar transportiert. Hierdurch kann gegebenenfalls 100fach mehr Wasser als mittels Wasserdampfdiffusion transportiert werden. Die Transportrichtung ist in diesem Falle von nass nach trocken – unabhängig von der Wasserdampfrichtung. Um in solchen Fällen eine Feuchtebelastung möglichst realistisch zu berechnen, sind Programme erforderlich, die deutlich aufwendiger „arbeiten“ als nach Glaser.

Die sommerliche Verdunstungsperiode

Entscheidend ist noch ein anderer Effekt der verbesserten äußeren Diffusionseigenschaften. Zu jeder Diffusionsbilanz nach DIN 4108 gehört auch die Gegenrechnung der sommerlichen Verdunstungsperiode.

Die Klimarandbedingungen sind hierfür sehr vorsichtig mit jeweils 12°C und 70% rel. Feuchte innen und außen angesetzt. Trotz dieses sehr „ungemütlichen“ Sommerklimas ergibt sich ein Trocknungspotential, das wesentlich höher sein kann als die winterlichen Tauwassermengen.

Eine beidseitig dampfdichte Konstruktion hat auch in der sommerlichen Trocknungsphase unter Umständen nur Trocknungsmöglichkeiten, die knapp über der winterlichen Tauwassermenge liegen. Dies ist zwar groß genug um die Konstruktion normgemäß als zulässig einstufen zu können, aber es bleiben nur wenige Reserven.
Demgegenüber können außenseitig diffusionsoffene Aufbauten im Sommer ein etwa 15-fach höheres Trocknungspotential aufweisen. Insgesamt (Sommer und Winter) werden sogar bis zu 80 (!)-fach höhere Trocknungsreserven erreicht.

Relevante Themen:

Diffusionswiderstand , Wasserdampfdiffusion , Dampfsperre , Relative Luftfeuchte